SpurenSicherung

 

TRAUM-A- LAND E.V.
- Verein zur Entwicklung Alternativer Lebensformen
 in der Provinz Franken –

 

BAUERNKRIEGS-LANDSCHAFT TAUBER-FRANKEN

SPURENSICHERUNGSPROJEKTE UND VERÖFFENTLICHUNGEN

 

 

Rad-Touren "Spurensuche" zum Bauernkrieg in Tauber-Franken
 

Die erste Tour 1980

Die Fahrradtour wurde für die Dauer von einer Woche konzipiert und erstmals vom 24. bis zum 31. August 1980 durchgeführt. Insgesamt 20 Jugendliche wollten an der Fahrradtour teilnehmen. Zwei Teamer vom Traum-a-Land e.V. bereiteten die Tour sorgfältig vor (Aktenarbeit, Besuch von kompetenten Gesprächspartnern, Durchführung einer Vor-Tour, Planung eines Vorbereitungsseminars, organisatorische Absprachen etc.) Die Tour selbst wurde in Form von Fotografien und Dias festgehalten sowie in einem abschließenden Bericht dokumentiert und ausgewertet.

1. Tag

Startpunkt war Wertheim am Main. Erster Zielort: Niklashausen im Taubertal, wo 1476 der "Pfeifer von Niklashausen" gepredigt hatte und mit seinen, noch über die Bauernkriegsforderungen hinausreichenden radikalen Thesen, als zeitlicher Vorläufer des Bauernkrieges teilweise über 40.000 Menschen um sich versammelte. In den Forderungen des "Pfeifers" hieß es u.a.:
"Item wenn die Fürsten, geistlich oder weltlich, auch Grafen und Ritter soviel hätten wie der gemeine Mann, so hätten wir alle gleich genug, was dann geschehen soll. Item es kommt dazu, daß die Fürsten und Herrn noch um einen Taglohn müssen arbeiten."

Der Ortschronist von Niklashausen, Franz Flegler, führte die Jugendgruppe durch das Dorf, zeigte die historischen Spuren des Pfeifers in der Kirche, nannte Erinnerungen in Form von Gewannnamen (z.B. "Hirtenhäusle" in Anlehnung an das Wohnhaus des Pfeifers oder "Marketenderwiese" als Lagerstätte der 40.000 Menschen) und erklärte Dokumente in seinem "Pfeifer-Privatmuseum". Auf eigene Faust sichteten danach Jugendliche der Gruppe noch weitere Spuren im Ort: den Pfeifer im Ortswappen (am Rathaus, an der Orientierungstafel, am Kriegerdenkmal) und die Pfeiferstube im Gasthaus Adler.
Noch am gleichen Tag ging es weiter nach Würzburg, wo der Pfeifer 1476 auf dem "Schottenanger" am Fuße der Festung verbrannt wurde. Nur wenige Meter daneben übernachtete die Gruppe in der Jugendherberge, die ein Florian-Geyer-Relief an der Eingangstür aufwies. Nachforschungen vorort ergaben, daß die Jugendherberge während der Nazi-Zeit ein HJ-Heim mit dem Namen "Florian-Geyer-Heim" war und dieses Bildnis von der Geschichtsokkupation und Uminterpretation unter braunen Vorzeichen Zeugnis gab.

2. Tag

Am folgenden Tag stand die Bauernkriegsspurensuche in Würzburg auf dem Programm. Der Aufstieg und die enormen Bastionswälle vermittelten einen sinnlichen Eindruck der militärischen Bedeutung dieser Anlage. Anhand des Stadtmodells von 1525, das sich im Main-Fränkischen Museum befindet, verschaffte sich die Jugendgruppe ein Bild der Festung um diese Zeit und von den Ausmaßen der Stadt Würzburg. Mit diesem Bild im Kopf verglichen die Jugendlichen die baulichen Gegebenheiten der heutigen Festung und differenzierten danch, welche Gebäude und Teile der Befesti- gungswälle in die für die Gruppe interessante Epoche fielen und welche später erbaut wurden.

An der Stelle, an der am 15. Mai 1525 der vergebliche Versuch zur Erstürmung von "Unserfrauenberg" (wie die Festung Marienberg damals noch hieß) unternommen wurde, lagerte die Gruppe eine Zeit lang und schilderte sich gegenseitig den Verlauf der Bauernkriegsgeschichte in Würzburg (Die Rolle der Festung, die Standorte der Bauernkriegslager in Heidingsfeld und Höchberg, die Rolle der Stadt, etc.).

Danach gings hinunter in die Stadt auf die Suche nach weiteren Anhalts- punkten. Im Rathaus fand sich eine kurze Stadtchronik, ein verblichener grüner Baum an der Außenfassade, der an den historischen "Grünen Baum", den Verhandlungsort zwischen Bauern und Bürgern von Würzburg erinnerte. Weitere Verhandlungszentren lagen im "Stachel" (heute das bekannteste Weinlokal in Würzburg) und in dem "Neuen Münster", das der Treffpunkt bei den Verhandlungen von Festungsbesatzung und Belagerern war. An die Zeit des Bauernkrieges erinnerte noch das Wohnhaus von Tilman Riemenschneider, der als Bürgermeister auf Seiten der Bauern stand. Am Abend bestiegen die Jugendlichen das "Käppele", einen Berg gegenüber der Festung gelegen. Dort standen die Geschütze der Bauern, mit denen die Festung beschossen wurde. Dieser Standort gab nochmals einen Gesamtüberblick über Würzburg.

In einer anschließenden Diskussion wurde festgestellt, daß - trotz seiner zentralen geschichtlichen Bedeutung - gerade in Würzburg das Kapitel Bauernkrieg recht unterrepräsentiert sei und an authentischen Spuren kaum etwas zu finden sei. Selbst im Main-Fränkischen Museum sei dieser Zeitraum nur sehr dünn behandelt (lediglich Stadtansichten und Tilmann Riemenschneider-Werke).

3. Tag

Dieser Tag stand ganz im Zeichen des Fahrradsports, denn die lange Fahrtroute nach Rothenburg ob der Tauber verschlang einen Großteil der Zeit. Über Ochsenfurt und Aub (Lager bei der Burg Reichelberg, die kampflos von den Bauern eingenommen wurde) ging es ins Obere Taubertal, von wo aus der Zug des Taubertaler Haufens begann.

4. Tag

Der Vormittag des 27. August gehörte der Spurensuche in Rothenburg. Stationen waren die Schmiedsgasse, über die es in der Chronik heißt, daß dort nach der Niederschlagung des Aufstandes "das Blut der Geköpften wie ein Bächlein hinabfloß". Das Krimanalmuseum vermittelte einen Eindruck von mittelalterlichen Foltermethoden, unter denen auch viele verfolgte Bauern zu leiden hatten. Mit der Besteigung des Rathausturmes verschaffte sich die Gruppe einen Überblick über die Stadt, um sich anhand des "lebenden Museums" die freie Reichsstadt Rothenburg zur Zeit des Bauernkrieges vorstellen zu können.

Nach dem Mittagessen ging es tauberabwärts in Richtung Bad Mergentheim. Damit folgte die Gruppe dem historischen Zug des Taubertaler Haufens. Zwischenstationen waren die Orte Röttingen (Hauptlager des Bauernhaufens), Schäftersheim (Zerstörung des Klosters) und Markelsheim (hier wurde der Weinkeller des Deutschordens geplündert).

5. Tag

Am Vormittag suchten die Jugendlichen die Spuren und Orte in Bad Mergentheim auf: Über dem Marktplatzbrunnen wehte 1525 eine Bundschuhfahne; es war aber nicht der heute dort stehende Milchlingsbrunnen, der erst 1546 errichtet wurde. Die Abbildung in Wilhelm Zimmermanns "Der große Bauernkrieg", die der Gruppe als Suchvorlage diente und die eine Bundschuh-Fahne auf dem Milchlingsbrunnen zeigt, stimmt also nicht mit der historischen Realität überein. Den zweiten Anhaltspunkt zum Bauernkrieg fand die Jugendgruppe in Form der Kreuzigungsgruppe nben der St. Wolfgang Kapelle. Das Kreuz mußte von der Mergentheimer Bürgerschaft als Sühnekreuz für ihre Beteiligung am Bauernkrieg und für die Zerstörung der Kapelle errichtet werden.

Danach radelte die Gruppe nach Königshofen weiter und besichtigte nachmittags den "Gedenkstein für die Gefallenen des Bauernkrieges" bei Gerlachsheim. Einen zweiten Gedenkstein in Form einer Säule fanden die Jugendlichen an der Tauberbrücke bei Lauda. Auf dieser Brücke wurde der Stadtpfarrer Lienhart Beys mit zwei anderen "Aufrührern" noch am Abend der Schlacht bei Königshofen geköpft. Der Nachmittag gehörte einem Besuch des Heimatmuseums in Lauda, wo sich Teile eines dritten Gedenksteines befinden. Ein Modell der Stadt um 1600 gab Ausschluß über die damalige Siedlungsform. Ein Stich von der Zerstörung der Burg Boxberg durch Truppen des Schwäbischen Bundes unter Befehl des Truchseß von Waldburg im Jahre 1523 verdeutlicht, daß ihm die Gegend bekannt war. Ohne diese Kenntnis der Landschaft wäre sein strategischer Plan der Umgehung der Geschütze der Bauern auf dem Königshofer Turmberg nicht möglich gewesen.

Am Abend stieg die Jugendgruppe auf den Turmberg. Im Wald steht noch der Wachturm, um den die Bauern eine Wagenburg zu ihrem Schutz gruppierten. Allerdings war 1525 der Turmberg unbewaldet. Wesentlich für die Gruppe war der Blick von der Höhe des Turmbergs ins Umpfertal, von dem aus das Heer des Schwäbischen Bundes anmarschierte und der Blick auf den Mehlberg, an dessen Fuß es sich zum Angriff formierte. Anhand einer Schlachtskizze wurde der Verlauf der Geschehnisse rekonstruiert. Oberhalb der Tauber, Richtung Unterbalbach, hatte der Truchseß nach zwei gescheiterten Versuchen die Reiterei übersetzen lassen. Diese konnte dann im Schutze eines dazwischenliegenden Berges - unerreichbar von den Geschützen des Bauernhaufens - die Bauern umgehen und von hinten angreifen und überraschen.

In Königshofen wurde die Kirche besichtigt, in der nach der Schlacht 300 Bauern in Gefangenschaft waren. Einige Straßennamen mit Bezug zum Bauernkrieg (Jörg-Metzler-Straße, Florian-Geyer-Straße) konnen entdeckt werden. Am Schulhaus fiel ein Relief mit dem Thema "Ende des Bauernkrieges" auf, das auf die Schlacht zu Königshofen hinweist. In der Ortschronik im Rathaus wird dieses Ereignis ebenfalls erwähnt.

6. Tag

An diesem Morgen setzte die Jugendgruppe die Fahrt in Richtung Schüpfer Grund fort. Erster Halt war Unterschüpf, wo sich der Neckartal-Odenwälder-Haufen unter der Bundschuhfahne konstituierte. Über Boxberg und dem Seehof als einer Station im Zuge des Bauernhaufens unter Götz von Berlichingen ging es nach Ballenberg, dem Herkunftsort des Jörg Metzler. Einige Straßennamen, die erst nach der Ortszusammenlegung mit anderen Dörfern zur Gemeinde Ravenstein angebracht wurden, erinnern an die Tradition dieses Dorfes (Florian-Geyer-Straße, Bundschuhstraße, Götz-von-Berlichingen-Weg). Wichtigster Zielpunkt der Spurensuche war aber das Gasthaus zum Ochsen, das auch heute noch so heißt und in dem Jörg Metzler 1525 Wirt war. Zum Andenken daran besteht eine Metzler-Stube, in der ein Stuhl mit der Inschrift "Jörg Metzler - Ballenberg 1525" existiert. An den Wänden hängen Bilder und Holzschnitte über diese Zeit. Beim Umbau des "Ochsen" in den fünfziger Jahren wurde alte Balken mit Inschriften aus dem Jahre 1525 "unfachmännisch" mitverbaut.

7. Tag

Am Samstag, dem 30. August, wurde dann in Schwabhausen, dem Ort der neuen "Bauernkriegs"-Bewegung und Bürgerinitiative der Bundschuh-Genossenschaft als Widerstandsfaktor gegen die geplante Daimler-Benz-Teststrecke, die Spurensicherung beendet. Über die historischen Spuren war die Gruppe zum aktuellen Bauernkriegsbezug zurückgekehrt.

Am Nachmittag fand eine erste Auswertungsrunde der Tour statt, deren Gesamtbild sich am besten in folgenden Worten einer Teilnehmerin zusammenfassen läßt:
"Durch das Fahrradfahren bildete sich ein neues Verhältnis zur Landschaft, denn wir spürten am eigenen Leib jede Steigung, aber auch jede Abfahrt. Außerdem bekam man von der landschaftlichen Schönheit unserer Heimat viel mehr mit, als es beispielsweise mit dem Auto möglich gewesen wäre. Da wir auf unserer Route die Wegstrecken der damaligen Bauernkriegshaufen kreuzten, erhielt man auch eine plastische Vorstellung von den Mühsalen, die die Bauern damals auf sich genommen hatten. (...) Um einmal auf das Thema der Radtour, den Bauernkrieg, einzugehen, so ist mir am meisten aufgefallen, daß diese geschichtliche Vergangenheit wenig gepflegt, ja teilweise auf eine gewisse Art verdrängt wird. (...) Im Nachhinein betrachtet hat mir die Fahrradtour einen großen Wissenszuwachs im Bereich des Bauernkrieges vermittelt, der mir erlaubt, in Diskussionen das Erfahrene an andere weiterzureichen oder dieses Wissen auch in den Geschichtsjunterricht der Schule einzubringen. Ebenso bin ich nun fähig, stichhaltig darauf hinzuweisen, wie stiefmütterlich der Bauernkrieg in unserem heutigen Geschichtsbewußtsein behandelt wird und daß es nötig ist, hieran etwas zu verändern."

8. Tag

Am Sonntag kehrten die Jugendlichen per Fahrrad in ihre Heimatorte zurück.


 

Die Tour 1982

Eine weitere Radtour auf den Spuren des Bauernkrieges, die einer anderen Route folgte, führte der Traum-a-Land e.V. in Zusammenarbeit mit der Kreisjugendpflege Miltenberg in der Zeit vom 31. Mai bis 5. Juni als ein Modell außerschulischer Jugendbildung durch. Ein Vorbereitungstreffen in Miltenberg führt die TeilnehmerInnen in das Thema ein. Los ging es am Pfingstmontag mit dem Treffen der TeilnehmerInnen in Amorbach. Die Rolle Amorbachs im Bauerkrieg wurde als erstes zu entdecken und verstehen versucht. Bedeutung erlangte Amorbach vor allem neben dem Durchzug des Neckartäler-Odenwälder Haufens mit der Abfassung der "Amorbacher Deklaration", die die Forderungen der Bauern in Thesen kleidete. Mit der Abfahrt der Gruppe Richtung Miltenberg folgte man dem historischen Zug des Bauernhaufens. In Miltenberg spielte besonders der damalige Amtskeller Friedrich Weigand eine Rolle, auf der Seite der Bauern stehend, indem er sich an der Abfassung der Amorbacher Erklärung beteiligte. Die Radtour führte danach weiter über die Höhe nach Wertheim, da es 1525 noch keine Maintalstraße gab, da wegen dem unregulierten Flußverlauf und Hochwassergefahren die Verbindungswege immer auf die Berghöhen gelegt wurden.

Am Dienstag wurde die Tour mit dem Besuch von Niklashausen fortgesetzt. Der Dorfchronist Franz Flegler informierte die Jugendlichen über die Umstände der "Niklashauser Fahrt", über den Pfeiferhannes, der 1476 mit seinen Forderungen nach gleichem Recht für alle den Unmut der Fürsten erregte und auf Geheiß des Fürstbischofes von Würzburg verbrannt wurde. Die dritte Etappe begann mit der Besichtigung der Marienfeste in Würzburg, danach erkundete die Gruppe die politischen und sozialen Verhältnisse (Bürgertum, Handwerker, Weinbergshäcker) der Stadt Würzburg zur Zeit des Bauernkrieges, die Rolle des Bürgertums, die Spannungsverhältnis zwischen der Stadt Würzburg und den oben auf der Festung thronenden und drohenden Fürstbischöfen. Auf der Fahrt nach Röttingen im Taubertal wurde in Ingolstadt, Sulzdorf und Giebelstadt eine aktive Spurensicherung durch die Jugendlichen eingelegt. Die TeilnehmerInnen befragten BewohnerInnen dieser Gemeinden, was sie noch über den Bauernkrieg wußten bzw. welche Rolle ihre jeweiligen Orte damals spielten. Zusätzlich versuchte die Gruppe Spuren (Wappen, Namen, usw.) zu entdecken und nach Bedeutungszusammenhängen zu fragen. Schließlich war diese Gegend mit den drei Orten neben der Heimat des Florian Geyers auch Stätte der letzten Niederlage der fränkischen Bauern, da hier der Taubertaler Haufen vernichtend geschlagen wurde.

Tauberabwärts ging es am vorletzten Tag über Weikersheim und Bad Mergentheim nach Königshofen, als Ort der Schlacht vom 2. Juni 1525. Letzter Übernachtungsort war Schwabhausen, um den roten Faden der Bauernkriegsgeschichte in die Gegenwart wieder aufzunehmen.


 

Die Tour "Auf den Spuren des Hellen Haufens" (Neckartäler-Odenwald-Haufen) 1984

Ebenfalls in Zusammenarbeit mit der Kreisjugendpflege Miltenberg erweiterte der Traum-a-Land e.V. die Routen um eine Radtour, die den Spuren des "Hellen Haufens", auch "Lichter Haufen" oder "Neckartäler-Odenwald-Haufen" genannt. Startpunkt war diesmal Unterschüpf, wo sich Ende März 1525 etwa 4.000 Mann, vor allem Weinbergshäcker aus dem Schüpfgrund versammelten und Jörg Metzler zu ihrem Hauptmann wählten. Dessen Gasthaus "Zum Ochsen" in Ballenberg war der nächste Zielpunkt der Tour. Danach ging es durch das wunderschöne Erlenbach-Tal hinab in das Jagsttal zum Kloster Schöntal, wo sich am 4. April Bauern aus dem Schüpfgrund mit hohenlohischen zusammentrafen und dabei das Kloster plünderten. Weitere Stationen waren Weinsberg, wo die Bauern am 16. April die Burg Weiberstreu erstürmten und den dortigen Grafen samt seinen Edelleuten durch die Spieße jagten und Heilbronn.

Danach ging es über Bad Wimpfen zur Burg Horneck bei Neckarzimmern, wo Götz von Berlichingen seinen (gebrochenen) Lebensabend verbringen mußte, über Mosbach nach Buchen, wo Götz von Berlichingen die (militärische) Leitung des Bauernhaufens übernommen hatte. Die Gruppe folgte damit dem geschichtlichen Zug des Bauernhaufens ins Erzstift Mainz und radelte dann hinab durch die dichten Ausläufer des Odenwaldes nach Amorbach, als Ort der "Amorbacher Erklärung". Von nun an folgte die Jugendgruppe dem historischen Weg des Haufens, der sich in Würzburg mit dem Taubertäler Haufen zum fränkischen Bauernheer mit ca. 20.000 Personen vereinigte. Eine weitere Station war Tauberbischofsheim, wo die Spuren des Bauernkrieges im "Tauberbischofsheimer Kreuzigungsgemälde Christis" von Matthias Grünewald aus dem Jahre 1523 interpretierbar sind, da Jesus als ausgemergelter Mensch mit schweren Flecken und Beulen die Leidensgeschichte der Bauern personalisieren könnte. Neben der Stadtkirche entdeckte die Gruppe an der Sebastianuskapelle über dem Eingang ein Relief aus dem Jahre 1476, dem Jahr des Pfeiferhannes, das mit seiner Darstellung von einigen in die Hölle wandernden Bischöfen auf damaliges unchristliches Lotterleben hinweist. Weitere Spurenhinweise auf den Bauernkrieg konnten im Tauberfränkischen Museum in der ehemaligen mainzischen Wasserburg entdeckt werden. Erkundigungen zog die Gruppe auch am Markplatz ein, als Ort an dem die Bischofsheimer Bürger geschlossen für den Anschluß an die Bauernhaufen votierten. Den Abschluß bildete die Besichtigung von alten Weinhäckerquartieren mit ihren niedrigen, in schlechtem Zustand befindlichen Häuschen, von wo die "radikalen" Bauern entstammten. Am Abschluß dieser Tour stand Königshofen mit der Besteigung des Turmberges.
 

Eine Erwachsenenbildungstour 1987

In Zusammenarbeit mit der Friedrich-Ebert-Stiftung, der Heimvolkshochschule "Haus Frankenwarte" in Würzburg wurde 1987 und in folgenden Jahren das ursprüngliche Jugendbildungsprojekt zum Erwachsenenbildungsprogramm inhaltlich, konzeptionell und methodisch erweitert. Fachwissenschaftliche Vorträge zur Bauernkriegsgeschichte sowie zu den sozialkulturellen Gründen und eine Selbstreflexion der Teilnehmer über die Intentionen einer Spurensicherung wurden ebenso eingeplant wie einige Vorortgespräche mit lokalen Experten. Dennoch stand auch in diesem Bildungsprogramm das Interesse, politische Bildung in sinnlich-faßbaren Aktionsformen zu vermitteln und die Spurensuche per Fahrrad aufzunehmen. Neue Spuren-Orte wurden dabei angefahren wie Eibelstadt, in dem die Jakob-Köhl-Gasse an einen lokalen Anführer von Bauern erinnert, oder Ochsenfurt mit einem Einblick in die Akten des Stadtarchives, die Auskunft über die Rolle von Bürgern im Bauernkrieg geben. In Giebelstadt wurde an "braune" Schattenseiten der Bauernkriegs-Okkupation erinnert, indem das völkische Stück von Nikolaus Fey unter die Lupe genommen wurde. Weitere Exkursionspunkte waren die Ruine des ehemaligen Geyerschen Stammschlosses und das "feste Haus" in Ingolstadt. Zielpunkt und Abschluß der Tour war wiederum Königshofen.
 

Weitere Touren

Ein Schwerpunkt der Traum-a-Land-Aktivitäten lag auch in der Vorortbetreuung von Gruppen, die aufgrund der Dokumentation der Tour von 1980 eigenständig und oft nicht aus der Region stammend, auf den Spuren des Bauernkrieges radelten. Selbst die Fortbewegungsarten wurde durch eine Gruppe von Sportkanuten ergänzt, die damit historisch gerecht und sehr bildhaft auf die Forderungen der Bauern auf freien Zugang zu den Gewässern und dem Recht des Fischfangs hinwiesen.
 

Spurensuche in Niklashausen

Sonntag, der 24. August 1980

Die Fahrradtour begann um 10 Uhr in Wertheim. Die Route führte tauber- aufwärts durch das "Liebliche Taubertal" bis nach Niklashausen. Dieses Dorf hat bereits 1476 Geschichte gemacht ("Pfeifer von Niklashausen") und gilt als Vorläufer des Bauernkrieges im Taubertal. Nach einer Mittagspause mit Essen und Erholung von den ersten 20 km der Radtour besuchten wir Franz Fleger, der als Hobby-Dorfchronist seit 50 Jahren die Geschichte des Ortes betreut. Er stand uns als Fremdenführer für zwei Stunden zur Verfügung.

Wir besichtigten die Pfeifer-Stube im Adler, den Standort des alten Pfeiferhauses, das in den 20er Jahren abgerissen wurde, die Gedenktafel am Milchhäusle, die Pfeiferstraße und den historischen Schatz des Ortes, die Kirche. In ihr fanden wir noch einen historischen Flügel aus der alten Wallfahrtskirche von 1476, in der die Jahreszahl eingeritzt war. Franz Flegler erläuterte uns die Geschichte des Pfeifers und der Marienkapelle zu Niklashausen, von der auch einige Torbögen in diese später erbaute Kirche mitverbaut wurden. Alte Gemarkungsnamen wie "Marketenderwiese" (Wiese, auf der die bis zu 40.000 WallfahrerInnen lagerten) und "Hirtenhäusle" (Hirtenhäusle = Wohnung des Pfeifers) erinnern heute noch an die "Große Geschichte des Ortes. In seiner Wohnung hat Franz Flegler ein kleines Museum eingerichtet und selbst einige Plastiken zu diesem Thema entworfen. An seinem Haus in der Würzburger Straße ist ein solches Relief zu sehen.

Niklashausen ist eine Ausnahme unter den Orten in der Region, da es als einziger Ort noch ein sehr enges Verhältnis zur Geschichte besitzt (der Pfeifer ist im Ortswappen; 1976 zur 500 Jahrfeier des Pfeifers wurde eine Straße nach ihm benannt und eine Gedenktafel in der Ortsmitte enthüllt) und durch die Arbeit von Franz Flegler auch recht gut informiert ist. Auch uns hat dieser Mann sehr imponiert, weil wir die Geschichte quasi lebendig erzählt bekamen in Dialekt und in Worten, die nicht Schriftsprache, sondern Umgangssprache waren. Hätten wir an jeder Station unserer Tour einen solchen Gesprächspartner gehabt, so wäre uns manches Suchen und Nachfragen erspart geblieben. Viele der in diesem Gespräch herausgefundenen Fakten wären ohne das Wissen einer solchen ortsansässigen Person von uns nicht erkundbar und einsichtig gewesen. Um 16.30 ging es weiter nach Würzburg. Vorbei an Helmstadt, dem Herkunftsort des Pfeifers, entlang dem Weg, den 1476 die Wallfahrer zogen, um den Pfeifer aus der Festung zu befreien, radelten wir zur Stätte der Hinrichtung des Pfeifers, zum "Schottenanger", neben dem die Jugendherberge, das ersehnte Ziel nach 50 km Radtour, liegt.

(Auszug aus der Projektdokumentation des Traum-a-Land e.V. "Auf den Spuren des Bundschuhs" 1980)

 

Spurensuche "Bauernkrieg in Würzburg"

Stadtgebiet Würzburg

1)
Lest Euch den Text "Bauernkrieg in Würzburg" durch. Welche Hinweise auf Orte, die im Bauernkrieg eine Rolle gespielt haben, gibt er?

2)
Welches Gebäude verbirgt sich hinter dem "Grünen Baum"?
Ist ein solcher noch an der Fassade zu erkennen?
Welche Funktion hatte dieser Ort im Bauernkrieg?
Gibt es im Gebäude noch Hinweise auf den Bauernkrieg (z.B. eine Chronik)? Fragt nach und haltet eventuelle Entdeckungen schriftlich fest.

3)
Was verbirgt sich hinter dem "Stachel"?
Was ist das Gebäude heute, was war es z.Z. des Bauernkrieges?
Gibt es sichtbare Zeichen, die auf den Bauernkrieg hinweisen?
Versucht vom Besitzer mehr über ds Gebäude und seine Geschichte im Bauernkrieg zu erfahren. Nehmt als "Beweismaterialien" evtl. Schriftmaterial mit.

Tilman Riemenschneider

1)
Erfragt das Wohnhaus von Tilman Riemenschneider
Wo steht es?
Was ist heute darin untergebracht?
Was erinnert an Tilman Riemenschneider?
Bringt Beweise Eures Besuches mit.

2)
An welcher Kirche in Würzburg befindet sich die Grabplatte von Tilman Riemenschneiders Grab?
Versucht den Text darauf zu entziffern und schreibt ihn auf.
Zeichnet das Zunftwappen von Tilman Riemenschneider ab.

3)
Wo (be)findet sich Tilman Riemenschneider vor der Residenz und wer leistet ihm Gesellschaft?
4) Im Jubiläumsjahr (welches ist damit gemeint?) von Tilman Riemenschneider wurde ein Theaterstück über ihn aufgeführt.
Wann war das?
Wo wurde das Stück gespielt?
Besorgt Euch den Text.

Festung Marienberg / Unserfrauenberg

1)
Lest den Text "Die Belagerung des Frauenbergs" aufmerksam durch und schreibt alle Ortsnamen, die vorkommen heraus.
Lokalisiert sie mit Hilfe einer aktuellen Karte von Würzburg.

2)
Welche Orte werden als Lagerplätze der Bauernhaufen um Würzburg genannt?
Wo liegen diese von der Festung aus gesehen?
Fertigt eine kleine Skizze mit der Festung im Zielpunkt an.

3)
Wo standen die Geschütze der Bauern?
Wie heißt der Berg damals und wie heute?
Welche Probleme hatten die Bauern mit den Kanonen?

4)
Geht in das "Mainfränkische Museum" und schaut Euch dort das Stadtmodell von 1525 genau an.
Wie sah die Festung 1525 aus, wie heute?
Wie hieß die Festung damals in den Quellen, wie heißt sie heute?

5)
Wie heißt die Stelle, an der die Bauern versuchten, die Festung zu erstürmen?
Zeigt sie anhand des Modells
Schaut sie Euch beim Rundgang um die Festung von oben an
Warum hatten die Bauern ausgerechnet hier so große Probleme?

6)
Die Festung was das Gefängnis und die Folterburg im Bauernkrieg.
Gibt es von dieser Funktion her noch Spuren?

7)
Welche Schlüsse zieht Ihr aus dem Gesehenen für die Rolle der "Festung" im Bauernkrieg?

 

Bauernkriegsschlacht auf dem Turmberg Königshofen: Spurenlesen und -sicherungen des Traum-a-Land e.V.

 

 

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