Tal-Aktionen

TRAUM-A- LAND E.V.
- Verein zur Entwicklung Alternativer Lebensformen
 in der Provinz Franken –

 

BAUERNKRIEGS-LANDSCHAFT TAUBER-FRANKEN

SPURENSICHERUNGSPROJEKTE UND VERÖFFENTLICHUNGEN

 

Der Pfeifer von Niklashausen
1476

Traum-a-Land Aktivitäten

1976 begannen die Bemühungen des Traum-a-Land e.V. um eine andere emanzipatorische "Neue Heimat-Kunde" in Tauberfranken. Darin war auch der Wandel des politisierten Teils der tauber-fränkischen Jugendscene angelegt, weg von städtischer Orientierung, hin zur eigenen Lebenswelt in der "Provinz", der selbst die Vorbilder abgerungen wurden. Nicht mehr die schnellstmögliche Abwanderung in die Städte war das Ziel, um der Provinzenge zu entfliehen. Diese selbst sollte von innen heraus verändert werden.

Die neue aktive Be-Heimatung beschränkte sich aber nicht auf die Kleinstadt, sondern bezog auch die Dörfer mit ein. Das 500jährige Jubiläum des Pfeifers 1476-1976 markiert mit die Anfänge der Versuche um eine Neue Heimat-Kunde, war der Frühstart der erst später sich entwickelnden Bewegung der Geschichtswerkstätten - der Barfußhistoriker -, die sich der verschollenen, verborgenen, verloren gegangenen Geschichte widmeten ("Grabe, wo du stehst"). Es ging aber nicht nur um Geschichtsbetreibung, selber wollte man / frau Geschichte machen, aktiv in die Provinzwelt eingreifen: "Wir dürfen es nicht zulassen, daß die revolutionäre Tradition der deutschen Geschichte von anderen ausgebeutet und überfremdet wird. Unsere Gegner machen uns damit geschichtlos, was aktuell für uns heute auch ein Teil unserer Machtlosigkeit ist. Wir müssen uns dagegen wehren, daß sie die Geschichte verfälschen und verharmlosen. Wir müssen uns dann als Intellektuelle und Linke einmischen, wenn es darum geht, das Geschichtsbewußtsein wachzuhalten und neu zu beleben. Sicher war es bei mir ein Sonderfall (?), daß ich mich nicht als Außenstehender, sondern als einer, der dort aufgewachsen ist, zu Worte gemeldet habe, wodurch ich auch eine gewisse Anerkennung bekommen habe, denn die Leute haben das alles gelesen, wenn es auch nicht alle verstanden haben oder verstehen wollten. Aber letztlich ist dies noch zu wenig, teilweise doch noch zu interventionistisch, durchaus erst ein Anfang. Aber es ist wichtig, die historischen Schätze der Provinz zu heben, wieder in das Bewußtsein der Leute und Jugendlichen zu bringen, eine historische Regionalforschung zu betreiben und die Geschichte damit wieder zu verlebendigen und zu vergegenwärtigen. Dieser Weg ist notwendig, um zu dem Ziel zu kommen, bei dem die Regionalismuskämpfe in Frankreich heute stehen. Es muß aber klar sein, daß über die bloße Ausgrabung von Geschichte noch nicht der Schritt zur Wiederentdeckung der Geschichte für die Betroffenen erreicht ist. Vom historischen Geschichtsbewußtsein (dem Bewußtsein über die eigene Geschichte) zum aktuellen materialistischen Geschichtsbewußtsein (dem Bewußtsein, daß 'alles fließt', alles veränderbar ist) ist noch ein weiter Schritt, wenn auch keiner, der nicht beschritten werden könnte." (Albert Herrenknecht, Provinzschätze, Wiederbelebung des ländlichen Geschichtsbewußtseins am Beispiel von Niklashausen, in: Ders., Provinzleben, Aufsätze über ein politisches Neuland, Frankfurt 1977) Am Anfang konnte dies nur in Form der "Kritik" geleistet werden. Mit der regionalen Zeitschrift "Traum-a-Land" bestand ab 1977 ein eigenes Forum, um regionale "Schatten-Geschichte" (Bauernkrieg, Arbeiterbewegung, Hexen, Faschismus, Alltagsgeschichte, usw.) aufzuarbeiten. So konnte der Traum-a-Land e. V. 1978 sein "Bauernkriegsbewußtsein" und -Geschichtsbild mit in die Auseinandersetzung um die Teststrecke einbringen, indem die historischen Fäden miteinander verknüpft wurden. Der weitere wichtige "Schritt" war ein Tritt, der Tritt in die Pedale, das Bewegen der Fahrräder auf den Spuren des Bauernkrieges in Tauber-Franken - erstmals im August 1980.

Ein weiterer Teil der Traum-a-Land-Arbeit schlägt sich als Rezensionen, Kritiken und als Berichte in der Tagespresse nieder. Mit der Kritik des Stückes von Hans Dieter Schmidt, Der kurze Sommer des Hans Beheim, trat man/frau erstmals im Mai 1976 an die breite, regionale Öffentlichkeit heran. 1980 wurde die erste Rad-Tour einer Spurensuche "Bauernkrieg und Pfeifer von Niklashausen" vom Traum-a-Land veranstaltet. Niklashausen war bei dieser inzwischen selbst schon fast historisch gewordenen Radtour, dem Urmodell, die Anfangs-Station. Daß regionale Geschichte ein wichtiger Teil des endogenen Potentials einer Region, eines Dorfes und ein wichtiger Impuls der Dorfentwicklung sein kann, verdeutlichte 1991 der Besuch von Hessischen  Agrarbeamtinnen und Agrarbeamten, die in Zusammenarbeit mit dem Traum-a-Land e. V. Königshofen und Niklashausen besuchten. Von der Niklashäuser Geschichtsexpertin Marie Väth waren die DorfentwicklerInnen völlig hingerissen: "Das Hessische Bildungsseminar der Agrarverwaltung war ins Taubertal gereist, um sich vor Ort über das Kultourismusprojekt des Traum-a-Land e. V. 'Bauernkriegs-Landschaft Tauber-Franken' zu informieren. Dazu wurde in Königshofen und Niklashausen Station gemacht. ... Bei einem Rundgang in Königshofen konnten sich die hessischen DorfentwicklerInnen am Beispiel des Bauernkrieges von den Löchern in der Regionalgeschichtsverarbeitung überzeugen, denn es fanden sich nur rudimentäre Hinweise auf die Schlacht vom 2. Juni 1525 auf dem Turmberg. Daß es in einer BeamtInnenlaufbahn auch steil aufwärtsgehen kann, bewies der Aufstieg zum Turmberg, auf dem die Reisegruppe die historischen Vorgänge zu rekonstruieren versuchte. Auch hier fanden sich keine Hinweise oder etwa ein Denkmal. Dagegen lag die Schrifttafel, die über die Funktion des Wachturms auf dem Turmberg aufklärt, auf dem geschichtlichen Boden nieder.

Das unterstrich deutlich die Notwendigkeit des Projektes 'Bauernkriegs-Landschaft Tauber-Franken', die regionale Öffentlichkeit auf eine verbesserte Darstellung dieses wichtigen Teils der eigenen Geschichte anzusprechen. ... Nach dem Mittagessen fuhr die Gruppe weiter nach Niklashausen, wo sie in die Geschichte vom Pfeifer-Hans eingeführt wurde. Auch die besondere Situation der Arbeitergemeinde Niklashausen kam nicht zu kurz. Auf helle Begeisterung der hessischen AgrarbeamtInnen stieß der Vortrag der 82jährigen Kirchendienerin Väth, die den Zusammenhang von Pfarrkirche und dem Pfeifer-Hans in lebendiger und bildhafter Sprache darstellte. Auch hier folgte ein Rundgang auf den geschichtlichen Spuren, der die Situation im Ort und den lokalen Umgang mit dem Pfeifer-Hans verdeutlichte." (Weiße Flecken der Geschichte verbergen vergessenes Wissen - Kultourismusprojekt des Traum-a-Landes, Main-Tauber-Post, 24. Juni 1991)

 

 

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